Die körperliche Praxis, das Ausüben der Yoga-Asanas, ist nur ein kleiner Teil von Yoga. Patanajali, der auch als Vater des Yogas bezeichnet wird, hat in den Sutren (Schriften) den Weg beschrieben, den jeder Yogi beschreiten soll. Dabei beginnt es nicht mit Körperübungen, die bei uns im Westen vorrangig ausgeübt werden, sondern die erste Stufe des achtgliedrigen Pfads nach Patanjali, beschreibt fünf Regeln für den Umgang mit anderen und mit uns selbst. Es ist eine Aufforderung unseren Lebensstil und unser Verhalten zu reflektieren und bewusst zu verändern. Diese Verhaltensregeln werden als „Yamas“ bezeichnet. Über das erste Yama habe ich bereits im letzten Blogbeitrag geschrieben. Eine gelungene zusammenfassende Grafik zum achtgliedrigen Pfad findest du hier. Das Ziel der acht Stufen ist es letztendlich Samadhi, die Erleuchtung zu erlangen.
Das Yama, das ich heute vertiefen möchte nennt sich „Satya“ und wird mit „Wahrhaftigkeit“ übersetzt. Dabei geht es darum die Wahrheit, dein inneres Selbst zu Leben. Oftmals sind wir in unserem Alltag gefangen. Wir funktionieren im Job oder für die Familie. Jeder hat andere Ansprüche an uns, die wir erfüllen sollen. Die eigenen Bedürfnisse geraten da schnell in den Hintergrund. Manchmal verlieren wir sogar den Zugang zu uns selbst und wissen gar nicht mehr was uns gut tut. Satya bedeutet deinen inneren Bedürfnissen zu vertrauen und Ihnen nachzugehen. Satya bedeutet die Masken und Schichten abzulegen, die dir die Gesellschaft auferlegt hat. Satya bedeutet du selbst zu sein und dich so zu akzeptieren wie du bist.
Dazu gehört auch mal einen Konflikt einzugehen, um dich selbst mit deinen Bedürfnissen gegenüber anderen zu positionieren. Das Zeigen und Leben deines wahren Selbst ist nicht immer einfach. Dazu gehören ebenso deine Gefühle zuzulassen und deine Ängste anzunehmen und auszudrücken. Dazu gehört auch dich in deiner vollen Authentizität zu zeigen. Dies ist nicht gerade einfach in einer digitalen Welt, wo wir mit Filtern auf Instagram, WhatsApp und Facebook einem möglichst passenden, geschönten Bild von uns selbst entsprechen wollen.
Auch in unserer körperlichen Yogapraxis wollen wir Satya praktizieren. Indem du dir z.B. am Ende eingesteht, dass du vielleicht nicht nochmal in den Kopfstand gehen musst, nur um allen zu zeigen wie lange und stabil du stehen kannst. Dein Körper braucht vielleicht viel mehr die Endentspannung.
Die körperliche Yogapraxis kann unsere Satya-Fähigkeit – den Weg in die Wahrhaftigkeit, unterstützen. Kräftigende Asanas wie die Kriegerpositionen, Brettpositionen und Balancen stärken unserer Selbstvertrauen. Herzöffnende Positionen wie Schulterbrücke, Rad und Fisch öffnen unseren Herzraum und schaffen einen Verbindung zu unseren Gefühlen. In Shavasanasa sowie in entspannende Haltungen können die Effekte der Praxis wirken und wir nach und nach die Schichten, die wir um uns herum aufgebaut haben loslassen.
Als kleines Werkzeug für deine Satya Praxis möchte ich dir wieder eine Affirmation mitgeben, die du in die Meditation oder deine Yogapraxis integrieren kannst. Bei der Nutzung von Affirmationen geht es darum, positive formulierte Leitsätze zu wiederholen, die den Geist beruhigen, zentrieren und in die richtige Richtung führen. Affirmationen werden geistig wiederholt und können an den Atem gekoppelt werden. Folgende Affirmation kann dir helfen auf dem Weg zu Satya – Wahrhaftigkeit:
Ich bin vollkommen ich. Ich bin vollkommen.